Datenräume: Österreichs Rolle
Gerade auch hiesige Unternehmen engagieren sich für die Entwicklung industrieller Datenräume. Eine AIT-Konferenz zeigte den Stand der Dinge.
Auf Einladung der Plattform Industrie 4.0 Austria und des Gaia-X Hub Austria trafen sich Vertreter:innen der europäischen Initiative Manufacturing-X im Rahmen der Technology Talks Austria 2024 in Wien. Ziel der Veranstaltung war es, die aktuellen Digitalisierungsansätze zur Schaffung von Datenräumen in der Industrie zu diskutieren.
In der globalen Wirtschaft konkurrieren längst nicht nur einzelne Firmen, sondern ganze Regionen und industrielle Ökosysteme miteinander. Die Kooperation in Wertschöpfungsnetzwerken ist daher das Gebot der Stunde. Österreichische Industrieunternehmen wollen dabei eine Vorreiterrolle übernehmen.
Leuchtturmprojekte
In Europa gibt es zahlreiche Ansätze zur Förderung datenbasierter Zusammenarbeit. Eines der herausragenden Projekte ist die Industrie-Initiative Manufacturing-X. Diese treibt von Deutschland aus Industrieprojekte voran, die in verschiedenen Sektoren – wie der Luftfahrt oder Halbleiterindustrie – als globale Leuchtturmprojekte zum Umgang mit Produktionsdaten dienen sollen. Der Fokus liegt dabei auf dezentralen, föderierten IT-Ansätzen sowie interoperablen und Open-Source-basierten Technologien, um Abhängigkeiten von einzelnen IT-Unternehmen zu vermeiden.
Auch die Europäische Kommission unterstützt Initiativen zum Datenaustausch und die Entwicklung von Data Spaces. Im Rahmen des Projekts SM4RTENANCE, einem von 14 „Common European Dataspaces“, werden Lösungen für die Produktion entwickelt. Geleitet von Oscar Lazaro vom spanischen Forschungsunternehmen Innovalia, sollen Projekte umgesetzt werden, die die derzeit ungenutzten 80 Prozent der Industriedaten in verschiedenen Branchen – wie der Elektronik-, Textil- und Automobilindustrie – nutzbar machen. Ein zentrales Ziel ist die Interoperabilität mit anderen europäischen Initiativen, insbesondere Manufacturing-X, zu gewährleisten.
Durch Anbindung an diese Projekte will die österreichische Wirtschaft ihre Position im globalen Wettbewerb stärken und dabei zeigen, wie vertrauensvolle, verteilte Daten-Ökosysteme die Industrie voranbringen können.
Standardisierung
Wünscht man sich die Interoperabilität von IT-Architekturen, dann setzt dies Standardisierung voraus. Für letztere setzt sich zum Beispiel das Standardization Council Industrie 4.0 ein. Ganz oben auf der Agenda steht derzeit ein digitaler Produktpass, der durch die neue Ökodesignverordnung der EU in den kommenden Jahren für viele Produktgruppen verpflichtend wird. Um solche komplexen Regularien effizient umzusetzen, benötigt die Industrie standardisierte technische Infrastrukturen und wiederverwendbare Komponenten.
Die gemeinsame Vision vernetzter Wertschöpfungsnetzwerke in der Produktion verbindet Forschungsprojekte in ganz Europa. In Frankreich wird mit Data4Industry-X ein Projekt umgesetzt, an dem sich unter anderem auch das Automatisierungsunternehmen Schneider Electric beteiligt. Ziel ist es, von individuellen Lösungen in einer einzelnen Fabrik einer einzelnen Firma zu gemeinschaftlichen Ansätzen für mehrere Fabriken unterschiedlicher Firmen zu gelangen.
Das wohl bekannteste deutsche Projekt mit ähnlichem Ansatz ist Catena-X, das sich auf die Automobilindustrie fokussiert. Als Forschungsprojekt ist Catena-X bereits abgeschlossen, das Projekt wird jedoch in einem Verein weiterentwickelt. Laufende Use Cases gibt es zum Beispiel zur Rückverfolgbarkeit in der Fahrzeugproduktion, zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks oder zum Batteriepass. Ein gemeinschaftlicher Software-Stack bildet die Grundlage für die Anwendungen und wird als Open Source Software weiterentwickelt. Dieser Software-Stack wir auch in Manufacturing-X genutzt, etwa im Maschinenbau im Projekt Factory-X.
Die datengestützte Verbesserung der eigenen Produkte vom Engineering bis zur Nutzung beschäftigt auch die Antriebstechniker von AVL. In Graz sieht man Industrieanwendungen als Treiber für die Umsetzung von Data Spaces. Zu den Anwendungen zählen zum Beispiel die Vorhersage von Fehlern bei Automobilen mit Hilfe von Nutzungsdaten oder der Einsatz vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenz beim Produktdesign.