Pionierarbeit bei der neuen E-ID
Welche Vorteile die neue Gesetzesvorlage im internationalen Wettbewerb bringen könnte, erklärt Simon Ruesch vom Swico in einem Gastbeitrag.
Stellen Sie sich eine Welt vor, in der jeder Klick, jede Transaktion und jeder Dienst nahtlos, sicher und mit einem einzigen digitalen Schlüssel zugänglich wird. Eine elektronische Identität ist nicht nur ein Stück Technologie; sie soll der Schlüssel sein zu einer effizienteren, sichereren und vernetzteren Schweizer Gesellschaft.
Das Scheitern des E-ID-Gesetzes in der Volksabstimmung 2021 zeigt, dass Bedenken bezüglich Datenschutz, staatlicher Überwachung und der Beteiligung privater Unternehmen ausgeräumt werden müssen. In den folgenden zwei Jahren hat der Bund technisch robuste Infrastrukturen geprüft, ein digitales Nachweis-Ökosystem entwickelt und dem Parlament eine entsprechende, breit abgestützte, neue Vorlage präsentiert.
Nun hat sich der Nationalrat ein erstes Mal mit dieser Vorlage befasst und stimmt allen wesentlichen Punkten zu: Die E-ID soll vom Bund herausgegeben werden, freiwillig und kostenlos sein und den grösstmöglichen Datenschutz bieten. Im Jahr 2026 soll der elektronische Ausweis dann seine Premiere feiern. Dafür will der Bund beachtliche 182 Millionen Franken in die Entwicklung und den Betrieb des Systems investieren.
Selbst-Souveräne Identität (SSI)
Das neue Gesetzesprojekt orientiert sich an den Prinzipien der Selbst-Souveränen Identität. Im SSI-Modell können Individuen ihre Identitätsdaten sicher speichern und entscheiden, mit wem sie diese Daten teilen möchten – ohne dass eine zentrale Autorität erforderlich ist. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem zunehmenden Bedürfnis nach Datenschutz. Gleichzeitig entspricht er der Forderung nach mehr Autonomie im Umgang mit persönlichen Informationen im digitalen Raum.
SSI ist also ein Rahmenwerk für die sichere Verwaltung digitaler Identitäten. Basierend auf Prinzipien wie Dezentralisierung, Eigenkontrolle und Interoperabilität nutzt es verschiedene Technologien, um diese Prinzipien umzusetzen.
Unterschiede zum EU-Regelwerk
Mit dem eIDAS kennt die Europäische Union bereits eine Grundlage für die digitale Identifikation und Vertrauensdienste. Der wesentliche Unterschied zur Schweizer Initiative liegt jedoch in der Balance zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung sowie der Rolle des Staates und privater Akteure. Im Gegensatz zur EU-Verordnung, die eine zentralisierte staatliche Lösung für die Verwaltung einführt, plant die Schweiz einen mehr dezentralisierten und marktorientierten Ansatz. Dies bedeutet, dass private Anbieter E-ID-Dienste anbieten können, vorausgesetzt, sie erfüllen strenge staatliche Vorgaben in Bezug auf Sicherheit, Datenschutz und Interoperabilität.
Zusammengefasst setzt die Schweiz stark auf Datenschutz, Sicherheit und persönliche Freiheit und wählt dabei einen marktorientierten, dezentralen Weg. Ein klarer Kontrast zum straffen, einheitlichen EU-Kurs.
Schweiz als Pionierin
Swico befürwortet nachdrücklich die Strategie der Schweiz. Zum einen fördert die Initiative «swiss made» einen offenen Markt für digitale Identitätslösungen: Faire Bedingungen, unter denen sowohl Start-ups als auch etablierte Unternehmen konkurrieren und entsprechend innovieren können. Zum anderen kann die Schweiz ihre Position als Innovations- und Technologieführerin stärken. Durch das Kombinieren beider Vorteile repräsentiert die Schweiz eine neue Ära in der Art und Weise, wie Identitäten online verwaltet und geschützt werden.
Die Digitalindustrie hat immer eine schnelle Einführung der E-ID unterstützt. Damit die E-ID weitreichend genutzt werden kann, ist es wichtig, dass sie von der Bevölkerung breit akzeptiert wird. Diese Akzeptanz hängt stark vom Datenschutz und der Gewährleistung der Anonymität ab. Obwohl eine EU-kompatible Lösung ideal wäre, gibt die aktuelle Meinung der Bevölkerung dem Schutz der Privatsphäre Vorrang. Klar ist, es bedarf eines breiten Konsenses, um ein System zu entwickeln, das sowohl praktisch nutzbar als auch ethisch und rechtlich vertretbar ist.
Mit seinem deutlich positiven Votum unterstreicht der Nationalrat die breite Akzeptanz der Vorlage. Nun liegt der Ball beim Ständerat und dessen Rechtskommission. Insgesamt stehen die Zeichen auf «positiv», sodass die E-ID drei Jahre nach dem Scheitern eines ersten Anlaufs doch noch eingeführt wird.