Jede zweite Person weist geringe Gesundheitskompetenz auf
Neue Careum-Studie hat die Gesundheitskompetenz der Schweizer untersucht und mit der Lage in 16 europäischen Ländern verglichen. Die Schweiz schneidet schlechter ab als der europäische Durchschnitt.
Im Rahmen des internationalen Health Literacy Survey 2019 haben 17 Länder im Zeitraum zwischen 2019 bis 2021 die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung untersucht. Im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit hat das Careum Zentrum für Gesundheitskompetenz die Erhebung in der Schweiz durchgeführt. Neben der Schweiz haben sich auch Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Israel, Italien, Norwegen, Österreich, Portugal, Russland, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn an der internationalen Erhebung beteiligt.
Die Studienergebnisse zeigen: Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern schneidet die Schweiz in Sachen Gesundheitskompetenz leicht unterdurchschnittlich ab. Knapp die Hälfte der Befragten in der Schweiz (49 %) berichtet von häufigen Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen und weist somit eine geringe Gesundheitskompetenz auf. Damit ist der Anteil an Personen mit geringer Gesundheitskompetenz leicht höher als der Durchschnitt aller 17 Länder (46 %).
Über alle Länder hinweg bereitet das Beurteilen der Vertrauenswürdigkeit von Gesundheitsinformationen die grössten Schwierigkeiten. Zudem haben viele der Befragten Schwierigkeiten, Informationen zum Umgang mit psychischen Problemen zu finden. Darüber hinaus stellt sowohl in der Schweiz als auch in Europa die Orientierung im Gesundheitssystem und der Umgang mit digitalen Informationsangeboten eine grosse Herausforderung für viele Befragte dar. Auch hier sind die Schwierigkeiten in der Schweiz etwas häufiger als im internationalen Durchschnitt.
Soziale und finanzielle Einflussfaktoren
In allen Ländern zeigt sich, dass die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung eng mit sozialen Faktoren verknüpft ist, auch wenn dies von Land zu Land unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Menschen mit finanziellen Problemen und geringem sozialen Status haben wesentlich häufiger Schwierigkeiten im Finden, Verstehen, Beurteilen und Anwenden von Gesundheitsinformationen.
Die Gesundheitskompetenz steht zudem in direktem Zusammenhang mit dem Gesundheitsverhalten und dem Gesundheitszustand einer Person. So geht eine geringe Gesundheitskompetenz mit geringer körperlicher Aktivität, seltenem Verzehr von Obst und Gemüse und einem schlechteren selbst eingeschätzten Gesundheitszustand einher. Ausserdem wird das Gesundheitssystem von Personen mit Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen häufiger in Anspruch genommen.
Auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen
Die Studienergebnisse zeigen Handlungsbedarf in Bezug auf die Stärkung der Gesundheitskompetenz auf und weisen gleichzeitig auf ein grosses Potenzial für die öffentliche Gesundheit hin. Darauf basierend wurden Empfehlungen und Ansätze zur Stärkung der Gesundheitskompetenz formuliert, die sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene ansetzen.
Eine Empfehlung in der Schweiz fokussiert spezifisch auf die Gesundheitsfachpersonen, und zwar auf die gezielte und nachhaltige Verankerung in deren Aus- und Weiterbildung, weil diese Gruppe eine zentrale Rolle bei der Förderung der Gesundheitskompetenz spielt. Wie ihr Bewusstsein für das Thema ist, wie sie auf diese Rolle vorbereitet und mit welchen Schwierigkeiten sie diesbezüglich konfrontiert sind, wurde bisher jedoch kaum untersucht. Careum hat deshalb im Juni 2022 zusätzlich eine nationale Befragung zur professionellen Gesundheitskompetenz lanciert, die bis Anfang 2023 fundierte Erkenntnisse für künftige, gezielte Interventionen und Massnahmen liefern soll.
Definition Gesundheitskompetenz
Gesundheitskompetenz bezeichnet die Fähigkeit einer Person, gesundheitsrelevante Informationen finden, verstehen, beurteilen und anwenden zu können, um im Alltag Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken. Dazu müssen entsprechende Rahmenbedingungen und Strukturen gegeben sein.