KI im Job: Österreich hinkt zurück
Nur knapp jede:r Siebte darf KI am Arbeitsplatz uneingeschränkt nutzen. Für ein knappes Drittel sind KI-Applikationen dagegen verboten.
Fast drei Viertel der Arbeitnehmer:innen in Europa (72 Prozent) haben bereits praktische Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz gemacht. Die meisten von ihnen nutzen KI jedoch nur im Privatleben (38 Prozent) und nicht im Beruf (12 Prozent) – knapp ein Viertel, 23 Prozent, hat in beiden Bereichen Erfahrungen gesammelt.
Wirft man einen genaueren Blick auf die Situation hierzulande, so geben insgesamt 69 Prozent der Arbeitnehmenden an, bereits KI-Tools und -Systeme in Verwendung gehabt zu haben – damit liegt Österreich leicht unter dem EU-Durchschnitt. Spitzenreiter ist Spanien: 84 Prozent der Spanier:innen sind bereits mit KI vertraut.
Das sind Ergebnisse einer Befragung von 4.700 Arbeitnehmenden, die die Unternehmensberatung EY in Deutschland, Schweiz, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Belgien und Niederlande durchgeführt hat. In Österreich nahmen 515 Personen an der Umfrage teil.
KI-Einfluss im Arbeitsalltag
Während manche Unternehmen noch ganz am Anfang stehen, gestalten andere den KI-Prozess federführend mit. Oft werden neueste Tools erst in der Management-Ebene ausprobiert, wie auch die Umfrage bestätigt – immerhin 84 Prozent der befragten Führungskräfte in Europa geben an, bereits in Kontakt mit KI gekommen zu sein, in Österreich sind es 78 Prozent.
Bei Arbeitnehmer:innen ohne Führungsverantwortung liegt der Anteil deutlich darunter bei 67 Prozent (65 Prozent in Österreich). Auch Männer haben häufiger Erfahrung mit KI-Anwendungen als Frauen – in Österreich ist der Unterschied noch deutlicher als im europäischen Durchschnitt. „Hierzulande nutzen weniger als zwei von drei Frauen KI, bei den Männern sind es drei Viertel“, so Susanne Zach von EY Österreich.
Besonders wichtig sei es, Rahmenbedingungen und ein Regelwerk für die Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen zu schaffen, betont Zach. Nur knapp jeder siebte Angestellte in Österreich (15 Prozent) darf KI ohne Einschränkungen im Arbeitsalltag nutzen, weitere 31 Prozent mit Einschränkungen, genauso viele (31 Prozent) gar nicht. Demgegenüber haben die befragten Schweizer:innen europaweit die meisten Freiheiten; 32 Prozent dürfen KI uneingeschränkt verwenden.
Erwartungen
Im europäischen Durchschnitt gibt mehr als jede:r zweite Befragte (53 Prozent) an, dass KI starken oder teilweisen Einfluss auf die Arbeit hat – in Österreich sind es sogar 56 Prozent. Vier von zehn Befragten in Österreich (38 Prozent) erwarten, dass der Einfluss von KI-Anwendungen auf ihre Arbeit in den nächsten drei Jahren deutlich zunehmen wird. Vor allem in den Bereichen Text (58 Prozent), Sprachassistenz (39 Prozent) und Chatbots (27 Prozent) findet KI in Österreich bereits Anwendung.
Zwei Drittel (65 Prozent) in Österreich einig, dass aufgrund KI künftig weniger Mitarbeitende in Unternehmen gebraucht werden, im europäischen Durchschnitt sind es 68 Prozent. „Dass weniger Stellen benötigt werden könnten, ist nicht zu verwechseln mit Kündigungswellen – im Gegenteil: Wir haben jetzt schon einen Fachkräftemangel, durch den demografischen Wandel und den damit einhergehenden Pensionierungen wird sich dieser in den nächsten noch deutlich verstärken. KI kann zur Lösung dieses Problems beitragen, Mitarbeitende entlasten und Zeit für strategischere Arbeiten schaffen. KI wird die menschliche Arbeitskraft nicht ersetzen, sondern ergänzen“, ordnet Zach die Ergebnisse ein.
Aus- und Weiterbildung
In vielen Fällen ergreifen die Mitarbeitenden die Initiative und nutzen Selbstlernmöglichkeiten, sei es privat, beruflich oder eine Kombination aus beidem: Europaweit bilden sich 44 Prozent der Befragten auf dem Gebiet der KI eigenständig weiter – Männer (49 Prozent) häufiger als Frauen (40 Prozent). In Österreich ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern noch drastischer: Mehr als die Hälfte der Männer (52 Prozent) bilden sich in puncto KI weiter, hingegen nur ein Drittel der Frauen (34 Prozent).
Autodidaktische Weiterbildung ist vor allem in Spanien (25 Prozent) gängig, Österreich befindet sich mit 15 Prozent im unteren Drittel und liegt knapp unter dem Durchschnitt von 16 Prozent. Wirft man einen Blick auf die Angebote der Arbeitgeberseite, so sind die Arbeitnehmenden in der Schweiz (36 Prozent) am zufriedensten mit den KI-Schulungsprogrammen, die das eigene Unternehmen anbietet. In Österreich ist ein Fünftel (22 Prozent) zufrieden, 34 Prozent wünschen sich mehr Bildungsmöglichkeiten und weitere 44 Prozent sind aktuell unzufrieden mit den Trainingsoptionen des eigenen Unternehmens.
Kostenersparnis und Gewinnsteigerung
Trotz der Herausforderungen sind die Vorteile des Einsatzes von KI bereits offensichtlich, vor allem gemessen an den Kosteneinsparungen: Europaweit gibt fast die Hälfte der Manager:innen (45 Prozent) an, dass sie durch den Einsatz von KI Kosten einsparen oder ihren Gewinn steigern konnten – oder beides. In Österreich sind es dagegen erst 35 Prozent. Gemessen an diesen beiden Kriterien war der KI-Einsatz bisher in der Schweiz am erfolgreichsten, wo 81 Prozent positive Erfahrungen mit der Technologie gemacht haben.
Was den Optimismus über Entwicklungsmöglichkeiten und positive Anstöße durch KI betrifft, so gibt es deutliche Branchenunterschiede: Rund acht von zehn (82 Prozent) Befragten aus den Sektoren Finanzdienstleistungen und Technologie, Medien und Telekommunikation sind optimistisch, was die Entwicklungsmöglichkeiten der Technologie angeht. Eine deutliche Mehrheit der Befragten aus den Bereichen Energie (80 Prozent), Fertigung und Automobilindustrie (77 Prozent), Landwirtschaft (73 Prozent) und Versicherungen (72 Prozent) teilt ebenfalls diese Meinung. Am wenigsten optimistisch sind im Branchenvergleich regierungsnahe Organisationen (53 Prozent) und der Gesundheits- und Wellnesssektor mit 58 Prozent.
Österreichs Optimismus gebremst
Während europaweit 23 Prozent KI als sehr vielversprechend einschätzen und weitere 53 Prozent als eher vielversprechend, zeigen sich die österreichischen Befragten noch etwas zurückhaltend – nur 16 Prozent sind umfassend positiv gestimmt, weitere 52 Prozent moderat.
Österreich bildet somit nicht nur unter den neuen befragten westeuropäischen Ländern das Schlusslicht, sondern auch in der DACH-Region (Deutschland 18 Prozent sehr optimistisch, Schweiz 18 Prozent). „KI wird weiter die Unternehmenswelt revolutionieren. Ob Front Runner oder Late to the Party – das haben Unternehmen selbst in der Hand. Darum gilt es, Wissens- und Anwendungslücken zu schließen, um den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren. In den Händen qualifizierter und gut geschulter Mitarbeitender kann KI ein mächtiges Werkzeug sein, das enorme Produktivitätssteigerungen verspricht. Wenn Unternehmen heute in KI-Fähigkeiten investieren, können sie sich in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Umfeld als Marktführer positionieren“, schließt Zach.