KI-Regulierung: Wiederholt Europa alte Fehler?
Die Europäische Union diskutiert den Artificial Intelligence (AI) Act. Österreichische KI-Experten warnen davor, dass Brüssel damit seine eigenen Entwicklungsziele torpedieren könnte.
„Sollte der Act realisiert werden, wird die globale KI-Entwicklung nicht gestoppt, sie wird nur nicht in Europa stattfinden“, kritisiert Alexander Wrabetz, Leiter der Expert Group Digitalisierung und KI des Think Tanks Future Vienna des SWV WIEN. Unter vielen Unternehmen herrsche große Unsicherheit ob der drohenden Regulierung. Viele befürchteten, dass ihr Geschäftsmodell wegfällt oder dass die Regulierung zu administrativen Aufwänden führt, die sie nicht stemmen könnten.
„Die Europäische Kommission hat seit der Vorstellung ihres Weißbuches zu KI im Jahr 2018 wertvolle Zeit verstreichen lassen, um innerhalb der EU große leistungsstarke Systeme aufzubauen. Jetzt nach den ersten öffentlichen Anwendungen mit überbordender Regulierung zu reagieren, wird die eigenen Ziele in ihrem Weißbuch torpedieren. So lockt man kein privates Geld in diesen Sektor der Wirtschaft und der Forschung“, sagt Marcus Arige, Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Wien.
Alexander Wrabetz fügt hinzu: „Als Ergebnis der ersten digitalen Revolution beherrschen US-Amerikaner die Plattformen von Google bis Amazon, Asien liefert die Devices vom Chip bis zum Handy und Europa die Konsumenten sowie die umfassendste Regulierung. Mit dem bekanntgewordenen Entwurf zum AI Act wiederholt Europa die Fehler der Vergangenheit.“
Arige betont, dass Europa in einem globalen Technologiewettbewerb stehe und KI dabei ein entscheidender Treiber für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sei. Doch während 53 % der globalen privaten Investitionen in KI in den USA und 23 % in China getätigt würden, beliefe sich der Anteil in Europa auf lediglich 6 %. Vor diesem Hintergrund fordert Arige: „Es braucht eine echte europäische KI-Strategie mit enormen Geldsummen und Förderung statt Überregulierung, um den Anschluss an die USA und China nicht zu verpassen.”
Beide Experten betonen, dass es höchste Zeit sei, dass die österreichische Politik sich mit dem Zukunftsfeld KI beschäftigt und ein Diskurs auf breiter Basis geführt wird. Denn nur so könne man sicherstellen, dass die Entwicklung der KI in Österreich und Europa in eine zukunftsweisende Richtung geht. „Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Diskurs mit Ethikern, Unternehmen, Politikern, Start-ups, der Zivilgesellschaft und vielen mehr, wie weit die Regulierung von KI gehen soll. Und ja, es wird eine Regulierung brauchen, aber da denke ich vor allem an die Staaten und ihre Sicherheitsapparate, die Nachrichtendienste und das Militär, letzteres ist explizit vom EU AI Act ausgenommen“, so Arige.